Junge Leute mit Erfahrung: ITS reagiert auf sinnlose Stellenausschreibungen
F Future, youth and talent
Edited by Francesca Rubes

„Suchen junge Mitarbeiter, max. 18 Jahre, mit Erfahrung“.

Gut, das ist vielleicht keine Annonce eines professionellen Personalleiters, aber womöglich habt ihr oder jemand aus eurem Bekanntenkreis schon so ähnliche Stellenanzeigen gesehen. Weg damit. 

Doch hinter einer solchen Annonce verbirgt sich der Wunsch, junge Mitarbeiter einzustellen, die schon so weit wie möglich „fertig“ sind. Kein leichtes Vorhaben, doch das könnte sich bald ändern. Wie? Mit dem Ausbau der ITS. 


ITS steht für … 

Um zu verstehen, wie die ITS den Weg junger Menschen ins Berufsleben erfolgreich gestalten können, muss man den Unterschied zwischen ITS und ITIS kennen. Manch einer verwechselt die beiden vielleicht noch. Mangelnde Originalität und die ähnlich klingenden Akronyme mögen das entschuldigen. So wollen wir versuchen, etwas Klarheit zu schaffen, denn es gibt einen offensichtlichen Unterschied zwischen beiden. Während ITIS ein Ausbildungsweg ist, der vereinfacht gesprochen in die Kategorie der „höheren Schulen“ fällt, steht ITS für den italienischen Begriff „Istituti Tecnici Superiori“ (wörtlich: Höhere Technische Institute) und damit für eine technische Hochschulausbildung. Auf dem Papier sieht das nach einer Schmalspurausführung der Universität aus, doch das Potenzial ist dasselbe (man sehe sich nur die Beispiele anderer europäischer Länder wie etwa Deutschland bezüglich der Begleitung von der Schule in den Beruf an). 

 

Draghi pusht das Thema ITS 

Ein Influencer, um ein aktuelles Konzept zu bemühen, für die ITS war Mario Draghi.
Im vergangenen Februar stellte der italienische Premier diese Ausbildungsform in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Das hatte in den 11 Jahren der Tätigkeit der ITS bisher noch kein Vertreter der Politik in dieser Deutlichkeit getan. Möglich wurde diese hochrangige Unterstützung unter anderem durch das europäische Engagement zur Weiterentwicklung der ITS, für die nach dem Nationalen Plan für Aufschwung und Resilienz 1,5 Milliarden Euro vorgesehen sind (das 20-fache eines einfachen Jahresbudgets). Das sind nicht nur Peanuts. 

 

Die Bedeutung der ITS in Zahlen

Beim Öffnen der Internetseite der italienischen ITS fallen sofort einige Zahlen ins Auge: 80% der Absolventen finden innerhalb eines Jahres einen Arbeitsplatz. Dieser Bildungsweg lebt davon, dass die Studenten einen Teil der Ausbildung (30%) in Unternehmen bestreiten können, die sich an solchen Projekten beteiligen und für die Kurse eigene Mitarbeiter einsetzen. So sind 50% der Lehrkräfte Mitarbeiter von Unternehmen. 

 

Im Zeichen der Technologie

Die Faszination der ITS-Studiengänge resultiert aus ihrem hohen technologischen Anteil (50% beschäftigt sich mit Industrie 4.0) und in Italien aus der Förderung des „Made in Italy“. Das ist ein großer Schritt, um die Entwicklung von Innovationen, Innovatoren und Fachleuten zu fördern, die in der Lage sind, die neuen Technologien zu beherrschen und damit kleine wie große Unternehmen beim Betrieb immer effizienterer, digitalisierter und sicherer Anlagen mit niedrigerem CO2-Ausstoß zu unterstützen. 
 
Nicht vergessen wollen wir dabei die STEM-Hochschulabschlüsse, die bei der Bewältigung der Herausforderungen in Verbindung mit der Weiterentwicklung der derzeitigen Systeme von grundlegender Bedeutung sind. Klar ist auch, dass es für den Fortschritt nicht nur Ideen braucht, sondern auch die Fähigkeit zu deren Umsetzung. In diesem Sinne verändert sich die Industrie gerade: Die Arbeitskräfte von heute sind nicht mehr die Arbeitskräfte von gestern. Das mag eine etwas pauschale Aussage sein, aber der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern erwächst aus immer neu entstehenden Anforderungen. 

 

Von der Nachfrage zum Angebot

Das oberste Gesetz des Marktes gilt auch hier. In diesem konkreten Fall steigt die Nachfrage und das Angebot ist knapp. Im Vergleich zu Deutschland, wo Fachhochschulen genau wie Universitäten schon lange fester Bestandteil der Bildungslandschaft sind, bezahlt Italien die Zeche für die verschlafene Entwicklung (zu diesem Thema gehört auch die kombinierte theoretisch-praktische Berufsausbildung). Die unterschiedlichen Bildungssysteme bewirken die Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt und sehen Deutschland klar im Vorteil mit jährlich 300.000 Fachhochschulabsolventen gegenüber 10.000 in Italien (Daten von 2019). 
Arbeiten fallen weg, andere kommen neu dazu. Jeweils im Zehnjahreshorizont ist von einer Weiterentwicklung des spezifischen Bedarfs der Unternehmen auszugehen. Die nachgefragten Qualifikationen ändern sich sukzessive und in bestimmten Bereichen zum Teil irreversibel mit der Folge, dass Unternehmen in ihrer jetzigen Situation feststecken. 

Die Rolle von Feralpi

Das Engagement der Feralpi-Gruppe bei diesen Studiengängen reicht bis ins Jahr 2007 zurück (mit den zweijährigen Studiengängen für Fachtechniker für den Betrieb von Stahlwerksanlagen im Unternehmen) und wurde im Laufe der Zeit immer stärker ausgebaut. Seit 2017, also seit dem ersten Zweijahreszyklus des Studiengangs, arbeitet Feralpi Siderurgica aktiv mit dem ITS für Automation und mechatronische Systeme zusammen und wurde 2019 als Teilnehmendes Mitglied in die Stiftung „ITS Lombardo per le nuove tecnologie meccaniche e meccatroniche“ aufgenommen. 2020 erhielt das Unternehmen das BITS-Zertifikat von Confindustria für sein Engagement auf diesem Gebiet.
Mit eigenen Technikern und Ingenieuren, die als Ausbilder und Tutoren tätig sind, bemüht sich das Unternehmen um die Weitergabe seiner Erfahrungen und die Vermittlung von Kompetenzen im Seminarraum und im Betrieb. Hierdurch werden die Studenten gefördert und können durch die Ausbildung im Unternehmen früher Berufserfahrungen sammeln und ihre Ausbildung eher beenden. Und vielleicht braucht es in Italien genau das, um die Lücke zu den anderen Ländern zu schließen. 
Wir jedenfalls sind von den vielen Vorteilen der ITS überzeugt. Und womöglich kann dies sogar denjenigen weiterhelfen, die abenteuerliche Stellenanzeigen veröffentlichen ...

Francesca Rubes

Ich habe das Glück, dass ich schon seit 2007 für Feralpi arbeiten darf. Ich kümmere mich um die Ausbildung, Organisation und Entwicklung des Personals. Ich habe zwei Kinder namens Matteo und Elisa. Außerdem liebe ich Kinderbücher und bin gerne draußen unterwegs.